Extrait de presse en allemand
Sinnliche Improvisationen
Improvisation vom Feinsten im fast leeren
Vorstadttheater. Das Publikum führen und feinsinnig überraschen:
Das Swiss Improvisers Orchestra konnte das auch am letzten Abend seiner
zehnteiligen Schweiz-Tournee.
MARTIN PREISSER
FRAUENFELD - Improvisierte Musik hat es schwer, nicht nur im Frauenfelder
Vorstadttheater am Mittwochabend, sondern auch in grossen Zentren. Hat
das Publikum Angst vor Chaos, vor Überforderung? Unvorhergesehenes
gab es zuhauf beim Konzert des Swiss Improvisers Orchestra, aber eben
solches voller Sinnlichkeit, Witz und Fantasie. Ja, bei improvisierter
Musik darf man einfach zuschauen, ungläubig staunen oder grinsend
den Kopf schütteln. Die elf Mitglieder des Swiss Improvisers Orchestra
spielten unter der Leitung von Sänger und Komponist Mischa Käser
für knapp so viele Zuschauer.
Ein Schuss absurdes Theater
Käsers Stück «Rohe Hand im Wortgestern» (was sich
auf den Probenort Ro-main-mot-ier bezieht) begeisterte durch den strukturierten
Wechsel von gesetzten und improvisierten Szenen und vor allem durch
den fein dosierten theatralischen Aspekt. Ein Schuss absurdes Theater
durchzog die Produktion.
Man will ja meist gerne einen Sinn hinter der Musik sehen. Den Sinn
von Mischa Käsers Ideen konnte allenfalls darin sehen, wie er zeigt,
dass Musik und Musizieren nicht selbstverständlich sind. Ernsthaftes
Musizieren lenkt den ironischen Blick auch auf die Institutionalisierung
von Musik oder auf die Attitüden des Musikbetriebs. Aus dem Schlaf
erwacht die Musik, auf den Boden hingestreckt über Cello und Kontrabass
beendet das Ensemble seinen Auftritt. Überhaupt überzeugten
die vielen choreografischen Experimente: Da spielen Trompeter im Liegen,
schönste Bassklarinetten werden gegen Spieluhren vertauscht, ein
Bläser-Trio zeigt sich froschhüpfend.
Tierlaute und Fremdsprachen
Komponist Mischa Käser besticht durch eine an Slam Poetry erinnernde
Wortakrobatik, die Tier- und Fremdsprachen stapelt, natürlich über
Musik spricht, Töne nachgrunzt, erklärt und kommentiert. «Jetzt»,
schreit Käser, «Nein», antwortet sein Orchester. Und
doch ist das ganze Stück eben eine «Jetzt» - «Ja!».
Scharf konturierte Klänge, die den Musikern «entgleiten»,
Mosaiksteinchen, die sich in der improvisierenden Fantasie «verlieren».
Eine absurde Orchesterprobe, ein Rätseln und Werweissen, wie Musik
funktioniert? Wer weiss es? Jedenfalls hingen die Zuhörer an den
Tönen und Aktionen. «Hauptspeise» nannte dieses das
Swiss Improvisers Orchestra, 1998 in Boswil gegründet.
Überraschungen statt Chaos
Das Ensemble präsentiert hochkarätige Musiker, technisch sehr
bewandert und recht unabhängig von allzu starren Spartengrenzen.
Auch die «Vorspeise» mundete köstlich. Aus einem Cluster
splitterten sich Minimotive heraus, der Klang «zerfaserte»
sich zu interessanten Instrumentenkombinationen. Witzig-skurrile Zwiegespräche,
durchhörbare Strukturen: Das Swiss Improvisers Orchestra lässt
sich lieber von sensibler Fantasie zum Überraschenden verleiten,
als dass grosse, undurchschaubare Chaos-Orgien ablaufen. Die Effekte
kommen entspannt, so kompliziert wie augenzwinkernd, so leicht hingeworfen
wie mit vollem Körpereinsatz «gefertigt». Man hängt
an diesen Musikern, nicht selten mit offenem Mund. Was will man mehr?
Solche Improvisationskonzerte befriedigen!
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