Für improvisierendes orchester und vocalisten

Die arbeit nun mit dem SIO, dem einzigen improvisierenden orchester in der schweiz hatte zum ziel, eine komposition zu erarbeiten, die den musikern einen grossen teil an der verantwortung was das musikalischen geschehen im einzelnen anbelangt, abgibt. Das konzept ist so gearbeitet, dass die musikerInnen teile der komposition immer wieder mit neuen erfindungen beleben können, ohne dass sich der charakter oder die form des stückes verändern. die formalen vorgaben sind also relativ streng vorgegeben. Durch die abfolge des geschehens wird der musiker in eine gewisse bereitschaft versetzt , eine bestimmte parameterauswahl zu treffen (z.b. entwicklung; verschwommene kindermelodien in einem diminuendo bis ins geräuschhaft unerkennbare zu führen, usw.)

THEATRALE/CHOREOGRAPHISCHE ASPEKTE

die theatralen situationen sind entweder unabhängig vom emotionalen gehalt der musik entstanden (solocello mit kichern, hüpfendes holzbläsertrio, rondochoreographie für liegende trompeter, usw. ) oder aber an den formalen und emotionalen gehalt der musik gekoppelt (z.b. fluchen und wütendes spiel, oder choral und schleppendes gehen) die theatralen aktionen sind absurd im sinne einer "bedeutungslosen handlung". Das heisst, sie führen den zuhörer in eine welt des rein assoziativen, des frei ausdeutbaren. Sie erfüllen ihren sinn, wie sie eben kunst zu erfüllen hat, im sinne einer poetischen vieldeutigkeit.
Die musiker werden nicht an den rand ihrer theatralen möglichkeiten geführt. Sie sollen sich wohl und sicher fühlen mit dem artfremden material, vor allem sollen die einzelnen theatralen aktionen an verhaltensweisen/bewegungen den jeweiligen interpreten angepasst werden, d.h. sie sind aus der beobachtung der interpreten während der probenzeit entstanden ,oder auf frühere kenntnisse des komponisten (bezüglich der theatralen anlagen der interpreten ) zurückzuführen. An die theatralen ausführungen wird also der gleich strenge masstab angelegt wie an die musikalischen, dies scheint mir enorm wichtig in der choreographischen/theatralen arbeit mit musikern!

Mischa Käser

 

L'ensemble

Ursula Maehr - Blockflöten / André Meier - Trompete / Stefan Wyler - Trompete
Carles Peris - Bariton Saxophon, Querflöte, Piccolo / Sabine von Werra - Violoncello Jacques Widmer - Schlagzeug / Francis Petter - Bass Klarinette, Sopran Saxophon
Valentin Vecellio – Klarinette / Christoph Baumann - Klavier / Markus Fischer Kontrabass Mischa Käser - Stimme, Komposition, Leitung

Représentations

17.1.07 Theater Rigiblick Zürich
18.1.07 Theater Rigiblick Zürich
19.1.07 Alte Kirche Boswil
20.1.07 Téâtre La Fourmi Luzern
22.1.07 Dampfzentrale Bern
23.1.07 Waaghaus St. Gallen
24.1.07 Eisenwerk Frauenfeld

Extrait de presse en allemand

 

Sinnliche Improvisationen

Improvisation vom Feinsten im fast leeren Vorstadttheater. Das Publikum führen und feinsinnig überraschen: Das Swiss Improvisers Orchestra konnte das auch am letzten Abend seiner zehnteiligen Schweiz-Tournee.
MARTIN PREISSER
FRAUENFELD - Improvisierte Musik hat es schwer, nicht nur im Frauenfelder Vorstadttheater am Mittwochabend, sondern auch in grossen Zentren. Hat das Publikum Angst vor Chaos, vor Überforderung? Unvorhergesehenes gab es zuhauf beim Konzert des Swiss Improvisers Orchestra, aber eben solches voller Sinnlichkeit, Witz und Fantasie. Ja, bei improvisierter Musik darf man einfach zuschauen, ungläubig staunen oder grinsend den Kopf schütteln. Die elf Mitglieder des Swiss Improvisers Orchestra spielten unter der Leitung von Sänger und Komponist Mischa Käser für knapp so viele Zuschauer.
Ein Schuss absurdes Theater
Käsers Stück «Rohe Hand im Wortgestern» (was sich auf den Probenort Ro-main-mot-ier bezieht) begeisterte durch den strukturierten Wechsel von gesetzten und improvisierten Szenen und vor allem durch den fein dosierten theatralischen Aspekt. Ein Schuss absurdes Theater durchzog die Produktion.
Man will ja meist gerne einen Sinn hinter der Musik sehen. Den Sinn von Mischa Käsers Ideen konnte allenfalls darin sehen, wie er zeigt, dass Musik und Musizieren nicht selbstverständlich sind. Ernsthaftes Musizieren lenkt den ironischen Blick auch auf die Institutionalisierung von Musik oder auf die Attitüden des Musikbetriebs. Aus dem Schlaf erwacht die Musik, auf den Boden hingestreckt über Cello und Kontrabass beendet das Ensemble seinen Auftritt. Überhaupt überzeugten die vielen choreografischen Experimente: Da spielen Trompeter im Liegen, schönste Bassklarinetten werden gegen Spieluhren vertauscht, ein Bläser-Trio zeigt sich froschhüpfend.
Tierlaute und Fremdsprachen
Komponist Mischa Käser besticht durch eine an Slam Poetry erinnernde Wortakrobatik, die Tier- und Fremdsprachen stapelt, natürlich über Musik spricht, Töne nachgrunzt, erklärt und kommentiert. «Jetzt», schreit Käser, «Nein», antwortet sein Orchester. Und doch ist das ganze Stück eben eine «Jetzt» - «Ja!». Scharf konturierte Klänge, die den Musikern «entgleiten», Mosaiksteinchen, die sich in der improvisierenden Fantasie «verlieren». Eine absurde Orchesterprobe, ein Rätseln und Werweissen, wie Musik funktioniert? Wer weiss es? Jedenfalls hingen die Zuhörer an den Tönen und Aktionen. «Hauptspeise» nannte dieses das Swiss Improvisers Orchestra, 1998 in Boswil gegründet.
Überraschungen statt Chaos
Das Ensemble präsentiert hochkarätige Musiker, technisch sehr bewandert und recht unabhängig von allzu starren Spartengrenzen. Auch die «Vorspeise» mundete köstlich. Aus einem Cluster splitterten sich Minimotive heraus, der Klang «zerfaserte» sich zu interessanten Instrumentenkombinationen. Witzig-skurrile Zwiegespräche, durchhörbare Strukturen: Das Swiss Improvisers Orchestra lässt sich lieber von sensibler Fantasie zum Überraschenden verleiten, als dass grosse, undurchschaubare Chaos-Orgien ablaufen. Die Effekte kommen entspannt, so kompliziert wie augenzwinkernd, so leicht hingeworfen wie mit vollem Körpereinsatz «gefertigt». Man hängt an diesen Musikern, nicht selten mit offenem Mund. Was will man mehr? Solche Improvisationskonzerte befriedigen!