zurück |
MZ
Donnerstag, 15. Januar 2009
Musiker suchen den Dialog mit der Kunst
JAZZ
Seit
zehn Jahren gibt es das Swiss Improvisers Orchestra. Nun zeigt es seine
neue Performance «Revue Macabre», eine Zusammenarbeit zwischen
Musik und Malerei.
BEAT BLASER
Die
Musik beginnt leise und vorsichtig mit einem liegenden Ton, die Malerin
Susanna Vecellio steht hinter dem Hellraumprojektor und zeichnet gelbe
Linien auf die Folie. In der Mitte der Bühne ist eine grosse Leinwand
aufgehängt, das Bild beginnt Gestalt anzunehmen. Instrumente kommen
dazu, die Musik wird dichter, die Malerin reagiert auf die Musik, und
die Musikerinnen und Musiker auf das, was sie von hinten auf der Leinwand
sehen.
DIE DRAMATURGIE des Abends wird von den technischen Möglichkeiten
der Malerin bestimmt. Das entstehende und stetig sich verändernde
Bild auf der Folie beginnt mit hellen Farben, aus Gelb wird Rot, der deckende
Pinsel löst die filigranen Filzstiftlinien ab, das Bild, und mit
ihm der Raum, wird dunkel.
«Discours sans Paroles» nennt sich die Versuchsanordnung,
die Susanna Vecellio zusammen mit ihrem Mann, dem Klarinettisten Valentin
Vecellio, für das Swiss Improvisers Orchestra konzipiert hat. Zehn
Leute gehören zu diesem Ensemble, welches alljährlich in einer
Probephase mit anschliessenden Konzerten zusammenkommt. 1998 wurde das
Orchester gegründet. Schon im ersten Projekt ging es nicht nur um
Musik. Das Swiss Improvisers Orchestra versteht sich als eine Plattform,
wo verschiedene Künstlerische Ausdrucksformen miteinander in einen
Dialog treten sollen. Die Musikerinnen und Musiker sind auch Schauspieler
und Tänzerinnen, das Erlebnis für Zuschauer soll über das
Gehörte hinausgehen. Freie Improvisation ist ein Gespräch. Und
selbst wenn erwachsene Leute miteinander reden, funktioniert
das unorganisiert nur in kleinen Gruppen. Wenn eine bestimmte Grösse
überschritten ist, müssen Strukturen geschaffen werden.
Das Swiss Improvisers Orchestra ist von Anfang an dazu übergegangen,
jemandem einen Konzeptauftrag zu erteilen. Dabei wurden immer wieder andere
dramaturgische Hilfen eingesetzt. Das erste Projekt im Jahr 1999 stand
unter dem Titel «Prova d’Orchestra». Sehr frei nach
Fellini wurden die Möglichkeiten untersucht, die dem Ensemble zur
Verfügung standen. Es waren viele, das SIO verstand sich weder als
Jazzformation noch Konventionen, eine Blockflöte hatte neben Tuba
und Schlagzeug bestens Platz. Im Laufe der Jahre wurden so literarische
Geschichten umgesetzt, «Conductions» ausprobiert, die Musiker(innen)
mussten lernen, sich musizierend zu bewegen und zugleich bewegend zu musizieren.
Das Jubiläumsprojekt zum 10. Geburtstag unter dem Titel «Revue
Macabre» umfasst nicht nur einen, sondern fünf Abende. Musik
und Malerei, Tanz, Video, sogar Musik und Kochen werden auf der Bühne
zusammengebracht.
DIE GROSSE LEINWAND ist mittlerweile schwarz, die beiden weiss gekleideten
Musikerinnen davor sind kaum zu sehen. Jetzt beginnt die Malerin die Farbe
wieder von der Folie abzukratzen, einzelne Gliedmassen der Spielerinnen
werden weiss, ein Gesicht erscheint, ein Instrument, und nach und nach
wird auch die Musik leiser. Am Schluss sind wir dort, wo wir angefangen
haben, Stille, fast leere Leinwand.
Swiss Improvisers Orchestra «Revue Macabre»: 18.–23.1.Papiersaal,
Sihlcity,Zürich; 26.–30. 1. Stanzerei, Merker-Areal, Baden.
ww.siorchestra.com
|